Kapverden 2025,
(Bilder in der
Bildergalerie)
Zwei
Turtles entdecken St. Vincente auf Cabo Verde
Der Archipel umfasst 10 größere
Inseln, von denen 9 bewohnt sind. Hinzu kommen fünf kleinere unbewohnte
Inseln. Geographisch gehören die Inseln zu Afrika und mit den Azoren,
Kanaren und Madeira zur Inselgruppe der Makkaronesien, in Deutsch:
Inseln der Glückseligen. Sie sind etwa 5000 km von zu Hause und nicht
ganz 500 km vom senegalesischen Cap Vert entfernt. Daher der Name, nicht
etwa, weil die Inseln so grün sind, sondern weil sie vor der Ilhas de
Capo Verde entdeckt wurden.
Die Portugiesen waren 1456 die
ersten der mittelalterlichen Seefahrer, die die Inseln für einen
Zwischenstopp für ihre Goldtransporte von Westafrika bis nach Hause
nutzten. Auch Arber und Seefahrer, die Indien als Ziel hatten, fanden
die Inseln nützlich. Sie hatten neben Gold auch Salz, Gewürze und
Sklaven geladen. Eine kleine Truppe Soldaten wurde als Garnison auf
einer der Inseln zurückgelassen. Als sie nach drei Jahren immer noch am
Leben waren, folgten Zivilisten, die vor allem Zuckerrohr und Kaffee
anbauten und Ziegen, Schafe und Rinder hielten. Deswegen erhielten sie
alsbald das Recht zur Bewältigung der Agrararbeiten Sklaven zu halten.
Anders als in Amerika vermischten sich Freie und Sklaven und legten
somit den kulturellen Grundstein für eine kreolische Kultur.
Wirtschaftlich interessanter war
allerdings der Handel mit Sklaven. Seit der Entdeckung Amerikas freute
sich nicht nur der portugiesische Finanzminister über die satten
Steuereinnahmen aus dem Menschenhandel.
Derweil sich die großen
Kolonialmächte zu Land und zu Wasser bekämpften, ging die technische
Entwicklung an den Kapverden vorbei. Die großen Handelsschiffe waren nun
in der Lage, ihre Ziele ohne Zwischenstopp mitten im Atlantik zu
erreichen. Nur Freibeuter schauten ab und an vorbei und setzten die
Bevölkerung in Angst und Schrecken. Der Wiener Kongress 1814 machte dem
Sklavenhandel in Europa ein Ende, statt dem Rohrzucker aus den Kolonien
wurde heimischer Rübenzucker interessanter, und die immensen
Reparationskosten, die Portugal an England zahlen musste, trugen zur
Verarmung Portugals und damit der Kap Verden bei. Viele wirtschaftlichen
Anstrengungen der Inseln liefen wegen der kolonialen Abhängigkeit von
einem verarmten Land ins Leere.
1910 wurde Portugal zur Republik
doch schon nach 16 Jahren war Schluss mit den Bürgerrechten und erst
1956 kam es auf den Kapverden zu einem organisierten Widerstand gegen
das faschistische Portugal. Es sollte noch bis 1975 dauern, bis die
Kapverden ihre Unabhängigkeit erlangten. 500 Jahrhunderte dauerte die
koloniale Besatzung. Die ersten 50 Jahre der Unabhängigkeit feierten wir
mit der einheimischen Bevölkerung gleich mit.
Die erste Regierung war eher
sozialistisch. Ihr gelang es ein Klima des sozialen Friedens zu
schaffen. Ernährungssicherheit, Gesundheitsfürsorge, Infrastruktur und
Bildung standen ganz oben auf der Prioritätenliste. Durch politische
Stabilität genoss der Inselarchipel internationales Ansehen. 1991 kam es
zum Regierungswechsel und nun standen Liberalisierung der Wirtschaft,
Kürzung der Staatsausgaben und Förderung der Privatinvestitionen vor
allem im Tourismus als Ziele fest. Heute sind die Kapverden eine
semipräsidentielle, parlamentarische Demokratie mit einem
funktionierendem Rechtssystem.
Wir haben uns für unseren ersten
Besuch der Kapverden für St. Vincente entschieden. St. Vincente ist
klein, gebirgig, wüstenhaft mit einer schönen Hafenbucht und dem
attraktiven Hafenstädtchen Mindelo, seit jeher kosmopolitisch und ein
Schmelztiegel der Kulturen. Im Hafen treffen sich alle: Hochseeangler,
Segler, die den Atlantik überqueren wollen, Studenten der einzigen Uni
der Kapverden, arme Schlucker, an denen der aufkeimende Wohlstand vorbei
ging, Angestellte aus den umliegenden Verwaltungen, Touristen, Musiker,
Literaten und TAUCHER.
Unser Abenteuer begann schon mit
dem Anflug aus Lissabon kommend an der felsigen Südküste entlang. Fast
vegetationslos begrüßten uns ausgebrannte Berge mit tiefen Tälern in
Rotbraun. Kurz vor dem westlichsten Punkt, wir dachten schon, wir seien
über die Insel hinaus geschossen, kippte die Maschine so scharf nach
rechts, dass die Tragfläche fast das Meer berührte. Aus der Perspektive
der Fluggäste tauchte die Piste aus dem Nichts auf. Doch statt
aufzusetzen, startete der Pilot mit Karacho durch und zog die Nase des
kleinen Fliegers fast senkrecht in den Himmel. Alle Passagiere wurden
mit Wucht in die Sitze gepresst und hielten unisono die Luft an. Erneut
startete der Pilot das Anflugmanöver, umrundete die Berge und knallte
schließlich das Fahrwerk der Maschine auf die Landebahn. Erleichtert
klatschten nicht nur deutsche Touristen dem Piloten Beifall. Willkommen
im International Airport Saint Vincente.
Die Kapverden sind allemal ein
attraktives Reise- bzw. Tauchziel. Die Hauptsaison ist im November/
Dezember, wenn es in Europa ungemütlich nass und kalt wird. Dann wird es
auf der Insel richtig voll. Für dieses Jahr ist da die Basis Haliotis im
Hotel Oasis schon ausgebucht. Doch im Winter ist es auch auf den
kapverdischen Inseln windig, das Wasser mit 19°C deutlich kühler als
25°C im Sommer auch noch in 23 m Tiefe, und es gibt erheblich mehr
Wellengang. Wir hatten eine perfekte Tauchwoche erwischt und waren 2x
mit dem Guide und Skipper alleine unterwegs, ansonsten war die
Aufteilung mit max. 4 Taucher/ Guide luxuriös. Die Basis ist zwar klein,
aber fein, technisch gut aufgestellt und sauber. Es gibt gegen einen
kleinen Aufpreis Nitrox. Das Personal ist freundlich und hilfsbereit.
Das Equipment wird mit dem Pickup zur vielleicht 500 m entfernten Marina
gebracht und nach dem Zusammenbau auf das Zodiac verladen. Das Zodiac
hat festen Boden, Sitzbänke mit vernünftiger Halterung für die Flaschen
und Griffe zum Festhalten, damit man bei rasanter Fahrt nicht ins Meer
katapultiert wird. Nicht zu vergessen: das Boot hat 2 Leitern zum
bequemen Einstieg. Für etwas betagte Senioren und für Taucher mit
kleinem Handicap ist das wichtig. Ab einem gewissen Alter sieht der
Einstieg über den Wulst des Bootes nicht mehr ganz so elegant aus und
gestaltet sich als wahrer Kraftakt.
Die Tauchplätze sind in maximal
20 Bootsminuten zu erreichen. Meist handelt es sich um Steilhänge
vulkanischen Ursprungs, die mit ihrem Bewuchs manchem Fischschwarm ein
großes Angebot an Nahrung und Muränen ausgezeichnete Verstecke bieten.
Großfisch ist eher selten anzutreffen. Da hat wohl auch die Jahreszeit
nicht so ganz gepasst. Aber ganz auszuschließen ist es auch nicht. Ich
habe z.B. einen verpeilten Ammenhai unter einem Felsvorsprung gesehen
und eine richtig große Big Mama Lederschildkröte machte in einer kleinen
Ausbuchtung mit ihrem Hinterteil einen Mords Wirbel, bevor sie sich mit
elegantem Tempo im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staub machte. In
einer Höhle, in die kein Tageslicht einfiel, scheuchten wir einen
Stachelrochen aus seiner Mittagsruhe auf. Auch Mobulas und Delfine
bekamen wir zu sehen, allerdings erst nach dem Tauchgang vom Boot aus.
Fabio, unser Chefguide meinte, dass das für diese Zeit sehr ungewöhnlich
sei. Der Klimawandel macht zuerst die Meeresbewohner und die Anrainer
der Weltmeere völlig kirre und bringt alle aus ihrem uralten Rhythmus.
Zu diesem Thema sei noch erwähnt, dass uns an manchen Tagen Rotalgen die
Sicht trübten und es dem Autofokus der Kamera schwer machten, ein Motiv
wie den Ammenhai scharf ins Visier zu nehmen.
Ein Wrack an der Grenze zur
Hafenbucht in ungefähr 20 m Tiefe, konnten wir ebenfalls bestaunen. Das
Handelsschiff mit Gewürzen, Stoffen und Tonwaren an Bord wurde im 2.
Weltkrieg von einem deutschen U- Boot hier versenkt. Vor ungefähr 10
Jahren gab die Portugiesische Marine das Wrack zum Betauchen frei. Es
ist erstaunlich, wie sich die Natur ihren Raum zurückerobert, wenn der
Mensch sie nur machen lässt.
Apropos Marina: Dort war
schließlich unsere Stammkneipe, die sowohl Dekobier, als auch leckere
Cocktails nebst kleineren Gerichten zu sehr angenehmen Preisen im
Angebot hatte. Hier treffen sich wie in alten Zeiten die Weltumsegler
und Jäger auf den großen Marlin. Es werden wichtige Informationen
ausgetauscht, Anglerlatein gesponnen und natürlich treten gerade
aktuelle Bands auf. San Vincente ist die Kulturinsel der Kapverden. Fast
jeden Abend, bis auf sonntags gibt es in den Kneipen Lifemusik zu hören.
Auf St. Vincente befindet sich die einzige Universität des Landes.
Strebt man als junger Mensch eine berufliche Karriere an, muss man nach
St. Vincente.
Wir hatten das Vergnügen 2
Abiturjahrgänge bei ihrer Abi Feier zu beobachten. In Uniform mit
akademischem Hute waren die jungen Leute erst festlich und feierlich und
mit fortschreitender Uhrzeit immer fröhlicher und ausgelassener in den
Straßen unterwegs. So manchen Eltern war der Stolz und auch die
Anstrengung anzusehen, die es sie gekostet haben mag, dem Nachwuchs
diese schulische Grundlage ermöglicht zu haben.
Nach sechs Tauchtagen mit 12
Tauchgängen wollten wir uns die Nachbarinsel Sao Antao für einen
Tagestripp ansehen. Die Tauchbasis buchte uns die Tickets für die Fähre
und vermittelte einen Mietwagen. San Antao ist in Sichtweite von San
Vincente. Mit der Fähre ist man eine gute Stunde unterwegs. San Antao
hat einen komplett anderen Charakter als Saint Vincente. Die
faszinierende Bergwelt der im Nordwesten dauerhaft grünen Insel macht
sie zur Wanderinsel. Der landschaftliche Reichtum reicht von tropischen
Tälern bis zu vulkanischen Mondlandschaften, entsprechend
abwechslungsreich gestalten sich Spaziergänge und Wanderungen. Ländliche
Infrastruktur, familiäre Quartiere und bezaubernde Dörfer an steil
aufragenden Küsten begeistern jeden Naturfreund. In den letzten Jahren
sind Mountainbiking, Canyoning und TAUCHEN dazu gekommen.
Noch im Hafen nahmen wir unseren
Mietwagen in Empfang. Die Kupplung war schon ziemlich abgenudelt, doch
der Verleiher meinte, wir benötigen eh nur 2 Gänge. Darauf konnten wir
uns natürlich keinen Reim machen. Doch kaum waren wir aus dem
Hafenstädtchen Porto Novo herausgefahren, ging es auch schon bergauf in
Serpentinen auf fast 2000 m Höhe. Allerdings war die Straße nicht
asphaltiert, sondern mit Kopfsteinen gepflastert. Welch eine
Herkulesarbeit. Jetzt wussten wir, warum nur 2 Gänge; OK, sagen wir 3
Gänge, notwendig waren. Die Fahrt durch die Berge war also in mehrfacher
Hinsicht spektakulär.
Wieder zurück auf St. Vincente
verbrachten wir noch 2 gemütliche Tage mit Relaxing, Lesen, Packen,
Cocktails am Pool, Bier an der Marina und entspanntes Rumgekurve auf der
Insel. Und schon war der Abreisetag am Himmel, und wir starteten von
International Airport Sao Pedro Richtung Lissabon, der Schönen am Tejo.
Hier wartete ein neues 4-tägiges Abenteuer auf uns.
Wir kamen am Nachmittag im Hotel
an und machten uns per Taxi auf in die Altstadt. Bisher war mir Lissabon
nur aus der Vogelperspektive und von Krimis bekannt. Die Stadt ist bei
Touristen beliebt, aber nicht heillos überlaufen. Wenn man zu Fuß
unterwegs ist, bedarf es bequemen aber stabilen Schuhwerkes. Das
dekorative Mosaikpflaster hat so seine Tücken. Die vielen weißen
Kalksteine sind von abertausenden Schritten rundgelaufen und rutschig.
Vom vielen Gehen, immerhin 12-15 km täglich, müde, empfiehlt sich die
Nutzung der Metro. Wenn man die Nutzungsbedingungen, die nur auf
Portugiesisch aushängen, kapiert und man die Einstiege zur „Unterwelt“
gefunden hatte, war die Nutzung der U- Bahn insbesondere am Abend mit
müden Beinen hilfreich.
Natürlich war die Burg Castelo de
Sao Jorge, an der sich Römer, Westgoten und Mauren abgearbeitet hatten,
eines unserer Ziele. Von hier oben hat man einen fantastischen Blick
über den Tejo, die Baixa, Alfama und den Praca do Comercio. An einigen
aufgespannten Sonnensegeln, kann man die Rooftops erkennen, die mit
ihren Ausblicken und leckeren Speisen und Getränken zum Verweilen
einladen. Wir besuchten die Basilika Se, einmal zur Abkühlung aber auch
zum Gedenken an Angehörige. Am nächsten Tag stand das berühmte und von
der UNESCO anerkannte Weltkulturerbe Hieronymus Kloster auf dem Plan.
Wir mussten anstehen, weil der Zugang kontingentiert war, doch
schließlich ging es schneller als erwartet. Die Säulen im Kreuzgang sind
filigran verziert und die Bögen locken so manchen Influencer oder auch
einfacher gestrickten Hobbyfotografen zu Experimenten. 1500 ließ der
König Manuel das Kloster zu Ehren seiner Seefahrer errichten, die
schließlich mit fetter Beute aus den überseeischen Eroberungsgebieten
zurückkehren sollten. Außerdem ist das Kloster berühmt für seine Pastel
de Nata, eine Süßspeise aus luftigem Blätterteig mit einer fluffigen
Ei-Zimt-Zuckerfüllung. Selbstredend ist das Originalrezept geheim, doch
man findet das beliebte Gebäck in jeder Bäckerei, die was auf sich hält.
In Steinwurfnähe befindet sich das Seefahrer Denkmal aus weißem Beton.
33 berühmte Söhne, wohlgemerkt keine Töchter, stehen hinter Heinrich dem
Seefahrer. Na, Salazar, der das Monument 1960 erbauen ließ, war nicht
bekannt für seine Vorliebe für Diversität. Eher im Gegenteil, er war ein
Diktator und bis 1968 Premierminister.
An unserem wirklich letzten Tag
der Reise, bevor es nach Hause ging, besuchten wir die Jesusstatue, die
auch vom Flugzeug aus im Landeanflug gut zu erkennen ist. Natürlich
stand die Statue in Rio de Janeiro Pate für das 110 m hohe Monument, das
1959 zum Dank an den Himmel, dass Lissabon von der Zerstörung durch den
2. Weltkrieg verschont wurde. Man kann dem Herrn mittels Aufzugs aufs
gesegnete Haupt steigen und fast ganz Lissabon, einschließlich der
modernen Hängebrücke Ponte 25 de Abril, über die der Berufsverkehr
rauscht und unter die größeren und kleineren Boote den Tejo durchqueren,
überblicken. San Franzisco mit seiner Golden Gate lassen grüßen. Zurück
in die Stadt ging es mit der Fähre, noch ein schönes Abendessen mit
Meerblick und romantischem Sonnenuntergang auf einem der Rooftops und
Wehmut im Herzen, aber schon neue Reispläne im Kopf und schon ist ein
toller Urlaub zu Ende.
Jutta und Christoph